Letztes Wochenende folgte Enduro-Austria der Einladung von Sherco nach Frankreich. Wir machten uns auf die Reise mitten ins Herz der weltbekannten Weinregion Burgund/Frankreich, wo die neuen Modelle der Weltpresse vorgestellt wurden. Nachdem im letzten Jahr die Motoren der 4-Takter dran waren, wurde heuer vor allem am Chassis Hand angelegt. Und soviel schon mal vorweg erwähnt, 2025 wird ein guter Jahrgang...
SHERCO ist der führende Motorradhersteller in Frankreich. Das Unternehmen wurde 1998 von Marc Teissier und Andreu Codina, beide ehemalige Trial-Fahrer, gegründet. Der Hauptsitz und die Motorradproduktion befinden sich in Nîmes. SHERCO stellt Trial- und Enduro-Motorräder her, die Produktpalette umfasst derzeit mehr als 20 Fahrzeuge und es werden jedes Jahr 15.000 Motorräder in Frankreich produziert.
Gleich vorweg die wichtigsten Änderungen an den Modellen 2025:
• Neuer Rahmen: Gewichtsreduktion um 250g, geschmiedeter Stoßdämpferbogen, neues Lenkradschloss, neue Motoranordnung im Rahmen, neuer unterer Kettenschleifer zur Geräusch- und Gewichtsreduzierung, neue Lenksäule: Gewichtsersparnis und verbesserter Fahrkomfort
• Neues Aluminium Rahmenheck, Gewichtsreduktion 254 g, für die gesamte Modellreihe
• Leichtere Motorbefestigungsschrauben
• Neue Kunststoffteile mit neuen In-Mold-Dekorationen an den Kühlerspoilern und den hinteren Seitenteilen. Neuer Rahmenschutz, der den Grip verbessert. Neuer Innenkotflügel/Rücklichthalter, der ein besseres Halten des Motorrads beim Anheben ermöglicht. Neue LED-Rückleuchte
• Neue Bremsscheiben vorne und hinten, verbesserte Bremsleistung
• Neue CNC-gefräste 7075-Gabelbrücken, neue Lenksäule: besserer Komfort des Vorderbaus und 150 g Gewichtsreduzierung, verbesserte Abdichtung der Lager, neue Lenkerposition +5 mm
• Neue Position des Tachometers für bessere Sichtbarkeit. Dämpfung des Tachometers in zwei Achsen und verbesserte Verkabelung hinter dem Scheinwerfer
• Neue größere Handschützer für besseren Schutz, neue Gabelschützer verbessern den Schutz der Gabelrohre und bieten mehr Platz für breitere Reifen, neuer leichterer Motorschutz mit verbesserter Zugänglichkeit zu den Befestigungsschrauben
• Neuer Ständer
• Neue Kühler, 157g leichter 15% mehr Kühlung Kühlergitter, die die Steifigkeit und den Luftstrom verbessern Silikonschläuche Neuer, kompakterer Ausgleichsbehälter Neuer Ventilator, kompakter, leichter, leichter zu demontieren
• Neuer Luftfilterkasten zur Verbesserung der Motorleistung, seitlicher Zugang zum Filter für einfachere und schnellere Wartung, Möglichkeit zum Werkzeugfreien Austausch des Luftfilters
• Neuer leichterer Kabelbaum um 210gr, neue Anordnung der elektrischen Komponenten am Heck des Motorrads zur Verbesserung der Zugänglichkeit. Zugänglichkeit des OBD-Anschlusses durch die Luftfilterklappe. Verbesserte der Anpassung des Kabelbaums auf das Motorrad
• Befestigung des Tanks an einem Antivibrationssystem
• Leichtere Schrauben der Umlenkung zur Gewichtsreduzierung und Verbesserung des Fahrkomforts, selbstfixierende Schraube für einfache Montage/Demontage
• Vereinfachte Zugänglichkeit und Demontage des Schalldämpfers
• Neue Auspuffbirne, erhöht die Bodenfreiheit (2-Takt)
• Neue komplette Akrapovic-Auspuffanlage, neues Design, Leistungssteigerung, geräuschreduziert gemäß den neuen FIM-Standards (4-Takt)
• Neues Mapping (4-Takt)
• Neue kompaktere Kraftstoffpumpe, Gewichtseinsparung von 200 g und Optimierung der Kraftstoffdruckregelung (4-Takt)
• Änderung der Position des Kraftstoffhahns für bessere Zugänglichkeit (2-Takt)
• Neues Getriebe, hergestellt in Nîmes (Frankreich) und im Wettbewerb erprobt: Modifikation der Gänge 3 bis 5 (250 2-Takt)
• Leichterer und verstärkter Nockenwellenhalter für eine besser Führung und höhere Drehzahlen (14.000 U/min) (250/300 4-Takt)
• Leichtere Räder und neue Schwinge: Vorderrad = 650 g Hinterrad = 310 g Schwinge = 360 g (450/500 4-Takt, die anderen Modelle haben diese Änderung schon 2024 bekommen)
Es ist jetzt auch wieder zusätzlich zur Factory Variante auch eine Racing Variante der 300 SE 2 Takt und der 300 SEF 4-Takt zum Kampfpreis.
Unterscheidungsmerkmale Factory-Serie:
Renn-Dekor-Kit
KYB 48mm Open-Cartridge-Gabel
Geschmiedete Gabelbrücken
Neuer Lenker
Monoblock-Schwinge
Rennbremsen vorne und hinten
Halogenscheinwerferplatte
MITAS Reifen
SPES Auspuffanlage
Wichtigste Änderungen im Detail:
Die wichtigsten relevanten Änderungen die mir so aufgefallen sind. Weil ob da jetzt eine andere Bremsscheibe drauf ist oder die Gabelschützer anders geformt sind wird den meisten egal sein…
Der Luftfilter kann jetzt ganz einfach von der Seite gewechselt werden. Der Deckel bleibt zwar etwas fummelig, aber weit einfacher als zuvor. Der alte Luftfilter passt jedoch nicht mehr.
Die Sitzbank ist jetzt geschraubt. Ist zwar nicht mehr so praktisch wie beim alten Modell, da gab es einen Schnellverschluss. Aber man muss ja durch den neuen Luftfilter nur mehr sehr selten unterhalb rein.
Verstärkter Heckrahmen. Angeblich ist der früher gerne an der Verschraubung ausgebrochen. Jetzt passiert da sicher nichts mehr.
Der gesamte Kabelstrang ist aufgeräumter und die Sicherungen sind besser zugänglich. Und es gibt eine Beschriftung, welche Sicherung für was ist.
Der Ständer hat eine größere Standfläche und einen besseren Anschlagpunkt. Steht jetzt auch auf einer nassen Wiese
Der neue Akrapovic schaut geil aus
Die Schrauberei wurde vereinfacht. Weniger unterschiedliche Schlüsselweiten, aber die Umstellung auf ISO Schrauben bedeutet 12, 16 und 18er Schlüssel. Dafür braucht man um das Federbein auszubauen nicht mehr das halbe Moped zu zerlegen.
Sitzposition passt perfekt und die Sitzbank hat einen super Grip, die Griffe selbst sind jedoch noch geklebt.
Der Tank ist neu. Der Anschluss der Benzinpumpe und bei den 2-Taktern der Benzinhahn ist jetzt leichter zugänglich. Es könnte aber sein, dass sich das auch mal ein Ast oder Stein denkt. Früher war es zwar schlecht zu erreichen, dafür aber besser geschützt. Und man kann den ganzen Tankinhalt nutzen. Nicht wie bei anderen Marken, wo einem mit 2 Liter Benzin im Tank der Benzin ausgehen kann weil die Pumpe so hoch montiert ist.
Brauchbare „Griffmulden am Heck“ wo man das Motorrad anständig greifen kann.
Neue Kühlerschützer die einen sehr stabilen Eindruck machen. Die Kühlerschläuche sind aus Silikon.
Michelin Enduro Medium Reifen
Fetter Motorschutz der wirklich Schutz bietet.
Es gibt jetzt auch wieder eine Racing Edition zum Kampfpreis. Und es gibt jetzt auch ein Sherco E-Bike. Der Rahmen ist eine Sherco Eigenetentwicklung, das Drumherum von bekannten Zulieferern (Shimano, Fox, …)
Aber jetzt zum Wichtigsten, zum Fahrbericht:
Die Sherco Rennabteilung hat zwei Testkurse vorbereitet. Einen WM-tauglichen Wiesentest und eine eher schnelle Runde durch den Wald. Es hat zwar nur einmal geregnet, dieses eine Mal hat aber fast 2 Tage lang gedauert :-) Die Bedingungen waren also schwierig, und die Hanglage hat es nicht einfacher gemacht. Der Vorteil für uns war jedoch, dass die halben Gäste gar nicht gefahren sind. So konnten wir umso mehr fahren und testen, da immer ein Motorrad frei war. Und das fahren im Gatsch, wenn man weiß, man braucht hinterher nichts putzen, macht doppelt Spaß.
Wie oben schon kurz erwähnt passte die Sitz-Lenker-Stehpositon der neuen Modelle auf Anhieb. Maximal die Hebel etwas einstellen und raus auf die Strecke. Beim Wiesentest wechselten sich schnelle und langsame Kurven ab, es ging den Hang rauf und runter und vor allem viele hängende Kurven. Da war eine anständige Sitzposition wichtig und ja nicht den Schwung verlieren. Einmal zu langsam und die Reifen hatten Ballongröße, da der Dreck sehr klebrig und reichlich vorhanden war.
Aber da spielten alle Shercos ihre Stärke aus. Der Grip und vor allem das Vertrauen aufs Vorderrad war gewaltig. Da haben natürlich auch die Michelin Reifen die von Haus aus oben sind einiges dazu beigetragen aber es muss auch sonst alles harmonieren, damit das möglich ist.
Der Waldtest war jetzt eher dazu da, um die Stabilität zu testen. Es gab zwar auch ein Winkelwerk, durch das Wetter war das aber nur ein durch den Schlamm "durchkämpfen", deshalb fuhren wir die meiste Zeit mit Vollgas außen rum. Aber auch da konnten die Motorräder voll überzeugen.
Bei den langen Auffahren traktionsstark, in die schnellen Kurven konnte man reindriften, und bei den Spurrillen gerade durch ohne Angst das etwas schlimmes passiert. Da haben sie einen tollen Spagat hinbekommen zwischen Traktion am Vorderrad+Wendigkeit, was vor allem am Wiesentest wichtig war und Stabilität bei schnellen Passagen. Und die Traktion kam auch nicht zu kurz.
Zu den Modellen - Geordnet nach meinen Favoriten:
Platz 1 geht an die zwei kleinen 4-Takter SEF250 und SEF300
Gutes Drehmoment und gewaltiges Drehzahlband. Es machte einfach Spaß mit denen durch den Dreck zu pflügen. Die 300er ist etwas stärker und hat unten raus natürlich mehr Drehmoment. Sie wird deshalb auch das universellere Motorrad sein und deshalb meine Kaufempfehlung.
Handling ist bei beiden Top. Aggressives Bremsen auf der Wiese ist kein Problem und Beschleunigen tun beide wie ein Gummiband. Zu viel Leistung macht eh nicht schneller. Und wenn es doch mal kurz wegrutscht ist es sehr einfach, das Gefährt wieder einzufangen und auf die gewünschte Linie zurückzudrücken. Der Grund warum beide gewonnen haben ist dann der, dass die kleine noch lustiger zu fahren ist. Noch einen Tick leichter und man kann den Motor voll ausquetschen.
Platz 2 geht an die SE250
Obwohl ich eigentlich kein 2-Takt Fan bin, war die richtig schön zu fahren. Unten raus schön „spritzig“ also ein schönes leichtes 2-Takt Gefühl. Keine Ahnung wie ich das am besten beschreiben soll, aber die Gasannahme war so, dass das Vorderrad agil war, aber nicht nervös. Dann um die Mitte baut sie schön Zug auf und oben raus kann man sie auch mal in den Begrenzer reindrehen. Stark aber nicht zu aggressiv. Handling Top und gefühlt sogar die leichteste im Feld. (auf die 125er geh ich dann extra ein, die ist und fühlt sich noch leichter an)
Platz 3 SEF450 und SEF500 die großen Brummer
Die zwei wären die richtige Wahl für ein 2-Stunden Enduro. Die Motoren sind unspektakulär aber sehr effektiv. Erst wenn man den Gashahn komplett aufdreht geht die Post ab. Beim Bremsen und Einlenken in die Kurve merkt man natürlich schon, dass hier mehr Massen bewegt werden müssen. Dieser Nachteil kommt bei solchen Bedingungen natürlich stärker zu tragen als im trockenen. Denn am Testtag war es halt rutschig bis sehr rutschig. Da hat sogar der Mappingschalter was gebracht. Mit dem 1er Mapping (soft) lag das Motorrad um einiges ruhiger und stabiler beim Beschleunigen. Dafür hat sie dann aber auf den langen Geraden oben raus früher abgeregelt. Also bin ich dann doch wieder im 2er Mapping gefahren. Nach ein paar Runden kam das Gefühl fürs "Gasgeben", und dann konnte man auf den Geraden auch mal ohne hochschalten am Gas bleiben.
Platz 4 die SE300
Im Auslieferungszustand ist die 300 glaube ich fürs Extrem Enduro abgestimmt, also der Motor zumindest. Man kann im Standgas wegfahren, die Gasannahme ist butterweich und oben raus geht die Post ab. Aber dort im Schlamm auf dem Rundkurs hab ich mir sehr schwer getan. Im ersten Moment beim Gasgeben ist zu wenig da, und dann wenn man mehr Gas gibt kommt der Übergang in den Leistungsbereich. Und da ist dann auf einmal sofort zu viel Leistung und sie bricht aus. Zumindest für mich.
Das würde sich bestimmt mit einer anderen Bedüsung leicht beheben lassen. Also vielleicht etwas magerer damit sie besser anspricht und dann der Übergang von Teillast auf Leistung linearer ist. Aber ich kanns halt nur so bewerten wie es beim Test war.
Die 125er lasse ich außerhalb der Wertung.
Erstens waren die Bedingungen alles, nur nicht 125er like, und mein Fahrstil auf der 125er ist eher Motorradquälerei als Stil. Aber lustig ist das Teil. Wenn du fleißig schaltest und die Kupplung als zweites Gas verwendest geht sogar im Dreck was weiter. Außerdem war es mit keinem anderen Bike so einfach, in die Kurven innen reinzustechen. Da es so gatschig war hab ich versucht immer von ganz außen ganz eng reinzuschneiden um nicht im Dreck zu verhungern. Also das letzte bisschen Wiese auszunutzen. Ich bin mir aber trotzdem sicher, dass die "Kleine" das Ideale Einsteigergerät für junge Enduristen ist. Und einen E-Starter hat sie auch.
Die Racing-Modelle und das E-Bike konnte man leider nicht testen. Die blieben im trockenen Schauraum.
Am Ende des Tages haben dann auch noch die 3 Werksfahrer (Magain, Roussaly und Sydow) ein paar Runden mit den komplett verdreckten Vorführern gedreht. Bei den Franzosen weiß ich es nicht, aber der Deutsche Jeremy Sydow, ist das erste mal mit den neuen Modellen gefahren. Das war dann auch die beste Demonstration was mit den Bikes möglich ist. Ganz egal welche Kubatur und wie rutschig es ist.
Fazit:
Also mein Fazit ist, die neuen Shercos sind eine Wucht. Es wird in Zukunft sicherlich einige Testmöglichkeiten geben und ich empfehle jeden, dass er mal eine ausprobiert. Ihr solltet jedoch mehrere Modelle durchprobieren. Denn nur weil die besten Hard-Enduro Piloten eine 300er 2 Takt haben, bedeutet das nicht, dass die für jeden das beste Motorrad ist.
Und ja, ich bin ein Sherco „Fan“. Ich habe auch selbst seit letztem Jahr eine SEF-300. Aber ich war ja nicht alleine dort. Bis auf einen Reporter waren alle hellauf von den neuen Modellen begeistert. Dieser eine hat jedoch für den Wiesentest an die 20 Minuten gebraucht und lag in jeder zweite Kurve im Gatsch. Also da dem Moped die Schuld zu geben ist vielleicht auch nicht allzu objektiv.
Vor allem hab ich mit zwei kanadischen Kollegen noch am Flughafen geredet. Beide sind das erste mal mit blauen Franzosen gefahren, da Sherco in Kanada nur sehr schwach vertreten ist. Beide begeistert. Vor allem hat einer gesagt, bei seiner privaten Enduro eines anderen Herstellers hat er erstmal um 5000 Doller ein neues Fahrwerk gekauft damit es so funktioniert wie die hier „out of the box“. Also ich werde wahrscheinlich nicht der einzige sein bei dem bald eine 2025 Sherco in der Garage steht.
Zum Schluss noch einen herzlichen Dank an Sherco für das schöne Erlebnis, und der Einladung zur internationalen Präsentation. Trotz bescheidenem Wetter hat es riesen Spaß gemacht.
Anbei noch einige interessante Links:
Video der Sherco Enduro 2025 Modellpräsentation:
Sherco -Offizielle Website:
Sherco 2025 Preise Österreich:
Sherco Technische Daten Übersicht Modelle 2025:
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Modelltest: Enduro-Austria/A. Edlinger, Fotos: Sherco