Da die Auslieferung der ersten Enduros mit Einspritzung unmittelbar bevor steht sind alle schon gespannt darauf, wie die Dinger so zu fahren sind. Enduro-Austria wurde von Husqvarna zur Präsentation der 2018er Modelle nach Kanada eingeladen. Dabei hatten wir die Gelegenheit die Motorräder zu testen und die Techniker mit Fragen zu löchern...

 

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Die wichtigsten Veränderungen:

Wie bereits allgemein bekannt haben die 250i und 300i eine elektronische Einspritzung. Dazu war es notwendig einen Öltank zu integrieren und den Vergaser durch einen Drosselklappenkörper zu ersetzen. Eine elektronisch gesteuerte Ölpumpe versorgt den Motor durch den Drosselklappenkörper mit Zweitaktöl. Das Benzin wird direkt in die Transferports nach unten eingespritzt. Das bedeutet aber nicht, dass sich im Kurbelgehäuse kein Gemisch befindet. Im Kurbelgehäuse kommen Sprit und Öl zusammen. Bei vollem Ölstand sollte das Zweitaktöl für 5 Tankfüllungen reichen. Bei geringem Ölstand leuchtet eine Kontrolllampe als Hinweis auf.

 

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Damit diese Technik funktioniert braucht es eine Reihe von Sensoren: Das wird mit einer elektronischen Steuereinheit (ECU) bewerkstelligt. Im ECU laufen die Informationen von Wassertemperatur-, Drosselklappen-, Umgebungsluft-, Ansaugluftdruck-, Kurbelwellengehäusedruck- und Kühlflüssigkeitstemperatursensor zusammen. Damit wird für jeden Betriebszustand das optimale Gemisch berechnet.

Für den sichereren Betrieb durch die vermehrte Elektronik wurde eine stärkere Zündung eingebaut. Mit der leistungsfähigeren Elektronik hat man auch den Elektrodenabstand der Zündkerze vergrößert. Das soll laut Aussagen der Techniker ein zuverlässigeres Zünden gewährleisten.

 

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Kraftstoffersparnis:

Husqvarna gibt 40 % Kraftstoffersparnis an. Mit Prozentwerten muss man bekanntlich immer aufpassen. Beim Testen konnten wir jedoch feststellen, dass die Motorräder wirklich deutlich weniger verbrauchen. Wer jetzt aber glaubt, dass er im Supermotobetrieb den gleichen Verbrauch wie ein Viertakter hat, der irrt. Bei Vollgas ist der Verbrauch nahezu gleich wie bei den Vorgängermodellen.

Gespart wird im Übergangsbereich. Wo früher Leerlaufdüse, Nadel, Schieber Ausschnitt und Luftschrauben für die Gemischaufbereitung zuständig waren wird heute der Übergang optimal berechnet. Da nun auch keine Vergaserentlüftung mehr vorhanden ist, treten hier keine Verluste mehr auf. So werden in Summe bis zu 40 % Einsparung erzielt.

 

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Emissionen:

Beim Starten ist noch alles wie bei den Vergasermodellen. Es gibt so eine Art Choke-Knopf, der jedoch nur bei richtiger Kälte benötigt wird. Ein Druck auf den Startknopf und der Motor läuft. Das Bike startet gleich gut wie ein Vergaser-Zweitakter. Bei kaltem Motor sieht man noch blauen Rauch. Spätestens nach einer Minute ist der Rauch jedoch weg.

So sehr man sich auch bemüht, man bringt das Ding nicht zum qualmen. Der Auslass am Endtopf sieht aus wie bei einem 4-Takter. Keine Spur von Öl. Mir persönlich kam es vor, als ob der Motor etwas heißer liefe als bei den Vergasermodellen. Wir hatten zwar nie ein kochendes Motorrad, die Abluft war aber für einen Zweitakter relativ warm.

 

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Gemisch:

Husqvarna spricht von einem durchschnittlichen Gemisch von 1:80 Dies ist jedoch relativ zu betrachten. Je nach gelieferten Sensordaten wird das Gemisch berechnet. Bei Vollgas bis unter 1:60 und bei Teil- und wenig Last bis über 1:100 Somit könnte es theoretisch auch sein, dass man mehr Öl braucht als früher wenn man z.B. Sandstrecken fährt.

 

Leistung:

Laut Techniker hat man im oberen Drehzahlbereich die gleiche Leistung und im unteren durch die Optimierung der Übergänge sogar mehr als bisher. Praktisch war das für uns jedoch nicht verifizierbar. Unsere Testfahrten spielten sich zwischen 1100 und 2500 Meter Seehöhe ab. Die 10% Leistungsverlust von Saugmotoren pro 1000 Höhenmeter waren beim Testen deutlich spürbar. Die Motorräder haben jedoch in jeder Höhe gleich funktioniert.

Die Leistungsentfaltung war annähernd linear. Bei keiner Drehzahl gab es einen Punch. Daran konnte auch die Seehöhe nichts ändern. Bemerkenswert ist der neu eingebaute Drehzahlbegrenzer. Fährt man bei Vollgas über eine Welle und verliert den Bodenkontakt, so hört man deutlich wie der Motor in den Begrenzer dreht. Man muss dabei aber schon wirklich alles geben. Bei der nach der Peak-Leistung stark abfallenden Zweitakt-Leistungskurve ist das jedoch sicher nicht die beste Fahrweise. Es hört sich aber geil an.

 

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Mapping:

Wie bei allen elektronisch gesteuerten Geräten ist „Chip-Tuning“ jetzt natürlich möglich. Laut Techniker werden eigene Motorsportmappings kommen.

 

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Haltbarkeit:

Da das Modell erst jetzt auf den Markt kommt, kann über die Haltbarkeit des Motors noch keine Aussage getroffen werden. Ich kann an dieser Stelle nur anmerken, dass von den 36 Testmotorrädern kein einziges Probleme hatte. Die Modelle waren im Winter natürlich im Testbetrieb. Ich kenne einen Testfahrer der eines der Geräte 200 Stunden gefahren hat und es ohne Kolbenwechsel zurückgab. Es wäre schon eine sehr große Überraschung, sollte das System nicht dauerhaft funktionieren.

Fahrbarkeit:

Die beiden neuen Modelle ließen sich gut und unspektakulär fahren. Unspektakulär deshalb, weil bei keiner Drehzahl ein Punch oder ähnliches spürbar war.

Wir mussten bei den Bikes nichts verstellen. Die Leistungsentfaltung ist beinahe linear. Wer unten oder oben mehr Power braucht muss sich mit der Auslasssteuerung befassen, oder einen anderen Krümmer montieren. Im Standard-Trimm läuft der Motor jedenfalls sehr ausgewogen.

Bei Vollgas war die 250er der 300er nur knapp unterlegen. Allgemein war die 250er eindeutig die kräfteschonendere Maschine. Um den Vortrieb bei Skipisten-Uphill unter Kontrolle zu halten benötigt man hier viel weniger Körpereinsatz. Bei steilen Bergauf Single-Trails war wiederum die 300er weit besser. Die 250er musste im langsamen Singletrail im zweiten Gang fast permanent mit Kupplung gefahren werden. Aus meiner Sicht wäre eine kürzere Übersetzung sinnvoll.

 

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Nachteile?

Irgendwann beim Testen stellt man sich die Frage, wo ist der Nachteil des neuen Systems ist? Beim Fahren konnte dieser beim besten Willen nicht gefunden werden. Eventuell spürt man die 3 Kilo Mehrgewicht, wenn man sich am Erzberg einen Hang rauf schindet. Es könnte theoretisch auch mehr kaputt werden. Und natürlich ist das neue System etwas teurer. Das Preis-Leistungsverhältnis stimmt jedoch, sodass wir diese Investition durchaus empfehlen können. Es gab nur eine Sache die mich genervt hat. Der Abstellknopf ist derartig mühsam zu drücken, dass man das Motorrad lieber abwürgt ;-) Dies zu ändern wird aber wohl nicht das große Problem werden...

FAZIT: Es funktioniert!

Wir werden in einem weiteren Artikel auch noch über die neuen Bremsen und mehr berichten. Also immer wieder auf Enduro-Austria vorbeischauen !!

Der Link zu den neuen Modellen und weiteren Infos: http://www.husqvarna-motorcycles.com/at/enduro/ 

 

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Bericht: Enduro-Austria, Rüdiger Wolfgruber. Fotos: Husqvarna

Für die Actionfotos waren Marco Campelli and Alberto Cervetti im Einsatz