Die technischen Fakten (leichter, stärker, schneller) zu den neuen KTMs kennt nun jeder schon auswendig, aber was für einen Unterschied gibt es wirklich zu den Vorjahresmodellen? Außerdem stellt sich wieder einmal die Frage: Zwei- oder Viertakt? Unser E.A.R.T. – Fahrer, Sven Mayrhofer, wollte es wissen und schnappte sich die brandneuen KTM 350EXC-F und die 250SX. Ein unfährer Vergleich? Ja. Dennoch glauben viele Käufer, ein SX-Modell auch ohne weiteres als Enduro-Einsatzgerät verwenden zu können...

 

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Am ersten Testtag ging es gleich mal auf das Trainingsgelände der „MX-Kids“. Eine kleine Motocross- Strecke die sich in einer Schottergrube dahin schlängelt. Hier konnte die Wendigkeit der Motorräder auf die Probe gestellt werden.

Die ersten Meter:

Vor der ersten Runde auf der 350EXC-F mussten zuerst noch die Hebeln und der Lenker auf mich eingestellt werden. Schon auf den ersten Metern fällt die Laufruhe des neuen Motors auf und wie sanft er seine Leistung entfaltet. Das kommt einem gerade in engen Kurven und auf einem weniger griffigen Boden zum Vorteil. Mit der 250SX hat man hier schon mehr zu kämpfen, da das Fahrwerk meiner Meinung nach etwas zu hart für solche enge, technische Motocross Strecken ist. Nach dem ersten Tag wird schon klar, dass die 350er ein Allrounder ist und die 250er sich auf den schnellen Passagen zu Hause fühlen wird.

 

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Bild: Die neuen Fußrasten bieten Halt in jeder Situation, leider muss aber die Lebensdauer der Stiefel daran glauben.

 

Kann die EXC mithalten?

Kurz darauf werden die Motorräder richtig auf die Probe gestellt. In Nagycenk war ein langläufiger, sehr schneller „Feldkurs“ ausgesteckt. Den Anfang machte wieder die Viertakter. Auf den langen Geraden fand sogar der 6. Gang Verwendung! Manchmal machte mir aber der Drehzahlbegrenzer einen Strich durch die Rechnung, der einen Tick zu früh eingreift. Überrascht hat jedoch das neue Fahrwerk, das bei hohen Geschwindigkeiten Schläge noch mühelos wegsteckte.
Als ich die ersten Runden auf der Zweitakter fuhr wurde mir klar wofür dieses Motorrad gebaut wurde: nämlich um Vollgas zu geben!

Auch wenn der neue Motor laufruhig und die Leistungsentfaltung gleichmäßig ist, bleibt das ein Motorrad für Fahrer mit Kondition, Kraft und Können. Bei dieser Leistung wird es zur Herausforderung das Vorderrad am Boden zu halten und es ähnelt einer Mutprobe in den nächsten Gang zu schalten. Viele die eine 250EXC zu Hause stehen haben werden das zwar nicht glauben, aber es liegen Welten zwischen der Enduro und der Motocross. Während die Enduro Version des 250er Motors viel Drehmoment bietet und eher spielbar kontrollierbar ist ähnelt die Motocross-Version des gleichen Motors einer Rakete.

 

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Bild: Schlicht und einfach. Das Cockpit der EXC sollte manchen anderen (japanischen) Herstellern ein Vorbild sein.

 

Auch wenn auf solchen Strecken die SX die schnellere Rundenzeit in den Boden brennt sollte man es sich zweimal überlegen ob man sich nicht für die Kräfte-schonendere EXC entscheidet, vor allem wenn man längere Rennen bestreiten will. Unser letzter Stopp zum Testen der „Neuen“ war die Motocross & Enduro Strecke in Ajka. Hier findet man neben der weltmeisterschaftsähnlichen Motocrossbahnen auch Single-Trails und Extremenduro-Passagen vom Feinsten.

Auf der Endurostrecke:

Die 350er macht auf den Endurostrecken einen perfekten Job! Kommt man gerade untertourig aus der Kurve und muss, gefühlt 20 Meter, senkrecht in die Höhe fahren dann reicht ein gut getimter Kupplungseinsatz und das Motorrad wühlt sich den Berg hinauf.
Die Enduroausflüge mit der Motocross hielten sich in Grenzen. Man merkt schnell, dass dieses harte Fahrwerk kombiniert mit einem Motor der seine Leistung im oberen Drehzahlbereich abgibt nicht gut mit engen Kurven und buckeligen Abfahrten harmoniert.

 

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Bild: Die neu gestaltete Airbox, ein neuer Luftfilter und Luftfilterträger - Beim Luftfilterwechsel kann nun nichts mehr schief gehen.

 

Auf der Motocross Strecke:

Auf den ungarischen Motocross Strecken zeichnete sich ein neues Bild ab. Hier griff ich viel lieber auf die 250er zurück. Man kann sich mühelos aus den Kurven über Sprünge katapultieren ohne das einem ein Drehzahlbegrenzer den Spaß verdirbt. Letztendlich macht das harte Fahrwerk auch einen ausgezeichneten Job und hat dort noch Reserven, wo das der 350er schon längst durchschlägt.

Fazit:

Die neue 350 EXC-F überzeugt auf voller Länge, egal ob eine gemütliche Endurorunde oder ein Ausflug auf die Cross-Strecke. Die perfekt dosierbare Leistung, ein ausgezeichnetes Fahrwerk und ein Handling wie man es von einer 250er erwarten würde, machen sie wohl auch zur ersten Wahl vieler Profis.

Im Gegensatz zur 350er versucht die 250SX es gar nicht erst jedem Recht zu machen. Mit brutaler Spitzenleistung und einem strammen Fahrwerk kann schlicht und einfach nicht jeder umgehen. Dennoch wird die leichte Zweitakter immer eine von den Schnellsten im Fahrerlager sein, solange sie einen würdigen Fahrer findet. Wer sich also überlegt eine SX zu kaufen und damit auch Enduro fahren zu wollen, sollte sich das gut überlegen.

 

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Bericht und Fotos: Enduro-Austria, Sven Mayrhofer